Glamping vs. Camping

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Glamping vs Camping

Ich ertappe mich oft selbst dabei, wie ich bei YouTube dem Suchwort voran, Wörter wie: beste, schnellste, effektivste, langlebigste oder stärkste benutze. Nach neuen Produktlösungen oder Ausrüstung suche, denn natürlich möchte ich ja keinen Ramsch kaufen. Die Frage, die ich mir aber eigentlich stellen sollte: 

– Brauche ich das überhaupt und geht es nicht auch ohne?

Nicht zuletzt verzeichnete die Camping-Industrie ein rasantes Wachstum während der Pandemie und es sind wirklich ganz viele und tolle Fahrzeuge mit traumhaften Innenausbauten entstanden. Auch das Angebot um den Wagen herum ist natürlich enorm gewachsen und brachte die ein oder andere Innovation mit sich. 

Als Beispiel möchte ich ein Video von Hymer zeigen, indem wird das Venture S präsentiert. Ein durchgestyltes Reisemobilkonzept das wirklich eine Augenweide ist. Dennoch kamen mir schon auch irgendwie die Krokodilstränen bei Begrifflichkeiten wie: einen offenen Blick in die Natur  oder das einzigartige Sonnendeck. 

Ich dachte, man muss nicht im Wagen sitzen, um einen offenen Blick in die Natur zu genießen und hätte gemeint auch draußen in der Sonne sitzen zu können, ohne es auf der heruntergelassenen Laderampe zu tun. Aber schaut einfach mal rein.

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Glamping, eine Mischung aus „glamourös“ und „camping“, hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Es bezeichnet eine Art des Campings, die sich auf luxuriöse und bequeme Ausbauten konzentriert, die oft mit Annehmlichkeiten wie z.B. offener Blick in die Natur, Geräusch- und lichtdämmende Materialien oder Matratzen die im Härtegrad durch Luftdruck via App geregelt werden können, ausgestattet sind. Das ganze wird meist von tollen Licht- und Innenraumkonzepten begleitet.

Jetzt fahre ich natürlich nicht den kleinsten Wagen, dessen bin ich mir bewusst, aber mir war und ist wichtig dabei, dass es am Ende schon immer etwas unbequem bleibt.

– Wie meint er das jetzt?

Eine berechtigte Frage. In einem Pickup zu campen bedeutet in der Regel erstmal, dass man auch durch den Regen muss um ins Dachzelt zu gelangen. Das Dachzelt auch im Regen auf- oder abgebaut werden muss und ich immer mal wieder das Regenradar checke damit ich weiß wann ein guter Zeitpunkt ist um den Gaskocher anzuschmeißen. So zumindest im Worst Case! 

Klar gibt es Erweiterungen wie Kabinen die man sich auf die Ladfläche setzen lassen kann um direkt vom Innenraum ins Dachzelt zu gelangen oder das Vorzelt zu spannen um auch bei Regen kochen zu können. Aber irgendwie findet der größte Teil ums Auto statt, draußen und nicht drinnen. Im besten Fall ist man aber eh nur zum Schlafen dort und erlebt am Tag geilen Scheiß, oder?

Ein Denkanstoß

Während einige Menschen Glamping als eine Möglichkeit sehen, sich der Natur zu nähern, ohne auf Komfort zu verzichten, gibt es auch viele Gründe, warum es das „falsche“ Konzept ist. Zunächst einmal steht Glamping im Widerspruch zum eigentlichen Zweck des Campings, nämlich dem Aussteigen aus dem Alltag und dem Eintauchen in die Natur. Es geht nicht darum, eine luxuriöse Unterkunft zu haben, sondern darum, sich mit einfachen Mitteln in der Natur zurechtzufinden.

Ich muss kein Netflix hinten im Van schauen, wenn sich mir nun endlich die Möglichkeit bietet, weit weg von Licht versschmutzten Städten den Sternenhimmel zwischen einem Bergpanorama zu bestaunen. Sternschnuppen zu zählen, und dem Lagerfeuer zu lauschen. Heruntergebrochen würde das bedeuten: Wir flüchten aus der Beton Box in die nächste isolierte Box, um dann in der Natur zu sein aber sie nicht zu erleben. 

Darüber hinaus fördert Glamping das Konsumdenken und verstärkt die bereits bestehende Normopathie in unserer Gesellschaft. Wir leben in einer Welt, in der der Wohlstand oft durch den Besitz von Dingen definiert wird, und Glamping ist nur ein weiteres Beispiel dafür. Anstatt zu lernen, wie man mit wenigen Dingen auskommt und seine Bedürfnisse reduziert, wird uns beigebracht, dass wir immer mehr brauchen, um glücklich zu sein. Den größten Grill, die fetteste Kühlbox, und die zwanzigste Lichterkette 

Beim minimalistischen Camping und Wandern geht es nicht um den Komfort, sondern um die Erfahrung. Sich den ein oder anderen Skill beizubringen und Probleme mit wenig Mitteln zu lösen. Es geht darum, das Leben in seiner Einfachheit und Schönheit zu schätzen und eine Verbindung zur Natur aufzubauen.

– Vertrau mir, die Verbindung baust du nicht in der Duschkabine im beheizten Van auf, sondern wenn du dich mit deinem Kadaver in den nächsten Bergsee begibst. Promise!

Selbstverständlich hat jeder andere Bedürfnisse, Vorlieben und Prioritäten. Es gibt nicht das richtige oder falsche Campen. Es muss dir gefallen und du musst dabei Spaß haben. Dennoch ist es mir wichtig, mich selbst hin und wieder daran zu erinnern und ein Bewusstsein dafür zu haben, was ich eigentlich möchte und brauche.

Zusammenfassend ist Glamping ein Konzept, dass im direkten Kontrast zum Camping steht und somit den eigentlichen Zweck des Campings und Wanderns verfehlt und das Konsumdenken fördert. Minimalismus hingegen ist der richtige Ansatz, der uns dabei hilft, eine tiefere Verbindung zur Natur und uns selbst aufzubauen, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. 

Raus aus der Komfortzone, rein ins Erlebnis!

Schreibt mir gerne in die Kommentare, wie du zu dem Thema stehst!

1 Kommentar zu „Glamping vs. Camping“

  1. Mal wieder sehr gut geschrieben, die ganze Sache gut auf den Punkt gebracht. Sehr zum denken anregend.
    Finde es dennoch sehr Bedauernswert wie die Menschen in die Natur „flüchten“, lauthals schnelatternd durchhasten und auch gleich wieder weg sind. Aber zuerst sollte jeder vor seiner eigenen Tür kehren. So werde ich mir deine Überlegungen zu Herzen nehmen.

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